VIII.7 Amblyomma C.L. Koch, 1844
Inhaltsverzeichnis:
- VIII.7.1Kurzbeschreibung der Gattung
- VIII.7.2Kurzbeschreibung von in Europa nachgewiesenen Amblyomma-Arten,
- ❍Amblyomma variegatum
- VIII.7.3Erwägungen zur Einschleppung von Amblyomma-Arten
VIII.7.1 Kurzbeschreibung der Gattung
- Benennung: Schildzecken - Hard Ticks - Ixodidés - garrapatas duras
- Klassifikation nach ICD-10-GM: B88.2 Sonstiger Befall durch Arthropoden
- System (Reich/Stamm/Klasse/Ordnung/Familie): Metazoa/Arthropoda/Arachnida/Ixodida/Ixodidae
- Artenzahl: Genus Amblyomma: 140 Arten im Jahre 2020, in Österreich sind Tiere dieser Gattung weder heimisch noch autochthon verbreitet
- Charakteristik: Drei-wirtiger, temporärer, obligatorischer, häufig euryxener, in einigen Fällen telotropischer, telmophager, ektoparasitischer Blutsauger
- Größe: Bis 25 mm, selten bis 35 mm.
- Status: Für den Menschen unbedeutende Vektoren und Überträger, treten selten nur als Erreger in Erscheinung
- Übertragungsart: Beim Blutsaugen mit dem Speichel
- Entwicklung: Ein Larvenstadium, ein Nymphenstadium, getrenntgeschlechtliche Adulte
- Entwicklungsdauer: A. variegatum (Ei/Larve/Nymphe/Adulte): 50d/12-18d/9-26d/8-21d, bis 0.5 Jahre
- Habitate in Österreich: Keine natürlichen
Abb. VIII.7.1: Ein Lebensbild einer Zecke der Gattung Amblyomma
© unbekannt.
Die Tiere dieser Zecken-Gattung verbreiten sich gegenwärtig - oft mit Hilfe des Menschen - über die ganze Welt, sie sind also kosmopolitisch verbreitet mit Ausnahme der Antarktis. Die meisten Amblyomma-Arten findet man allerdings in der Neuen Welt, wo die Gattung auch ⇒ autochthon ist. Dort leben diese Tiere in den Tropen und den Subtropen, vom 40. Breitegrad Nord bis zum 50. Breitegrad Süd. cit. Robinson [1926]. Zecken der Gattung Amblyomma sind, wenn sie in Zentraleuropa gefunden werden, hier nicht ⇒ autochthon, sondern eingeschleppt. Es sind große bis sehr große Tiere, die maximale Körperlänge beträgt 25 mm. Die nüchternen Erwachsenen sind meist 6 bis 7 mm lang und tragen oft eine auffallende emailartige Zeichnung auf dem ⇒ Scutum. Diese Zeichnung verschwindet allerdings bei der Lagerung in Alkohol nach etwa sechs Monaten. Als Wirte werden Rinder und andere Säugertiere bevorzugt, seltener Reptilien (Schildkröten) und auch Amphibien. Die Tiere fallen aber gelegentlich auch Menschen an. Sie werden nicht selten durch (Nutz-)Tierexporte verschleppt und können in Zentraleuropa in geschützten Lagen mehr oder minder lang überleben. Im Unterschied zu Rhipicephalus sanguineus (Latreille, 1806) konnten sie sich allerdings in Österreich (noch) nicht ansiedeln, sie wurden hierzulande auch noch nie nachprüfbar oder in Form eines konservierten Exemplars belegt aufgefunden.
Abb. VIII.7.2: Amblyomma hebraeum Nymphe.
© A. Hassl 2023.
Es existieren lediglich einige anekdotische Berichte von Vivarianern und Mitarbeitern in zoologischen Gärten betreffend das Auftreten der auffälligen. drei-wirtigen Zecke Amblyomma hebraeum C.L. Koch, 1844, der South African bont tick. Diese ist zwar ein südafrikanischer Nutztier-Spezialist, kann aber vermutlich mit Kleinsäugern nach Europa gelangen und akzeptiert gerne auch den Menschen als Wirt. cit. Estrada-Peña et Jongejan [1999]. Arten aus der Gattung Amblyomma werden wegen ihrer Fremdheit in Österreich hier nicht detailliert beschrieben. Die Ausnahme bildet die Spezies A. variegatum, weil sich hartnäckig Gerüchte über das nicht seltene Auffinden dieser Art im Rahmen von veterinärpolizeilichen Kontrollen halten.
Einzelne Zecken-Arten aus der Gattung Amblyomma können den Erreger der Tularämie, Francisella tularensis (McCoy et Chapin, 1912), den des Rocky-Mountain-Fleckfiebers, Rickettsia rickettsii Brumpt, 1922, und mehrere Arten von Theileriose-Erregern übertragen.
VIII.7.2 Kurzbeschreibung von in Europa nachgewiesenen Amblyomma-Arten, die aber in Zentraleuropa mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht vorkommen
Amblyomma variegatum (Fabricius, 1798) en: tropical bont tick
Abb. VIII.7.3: Amblyomma variegatum ♂.
© A. Hassl 2023.
Synonyme:
Acarus variegatus Fabricius, 1798;
Ixodes variegatus Fabricius, 1798;
Amblyomma venustum Koch, 1844;
Amblyomma elegans Guérin-Méneville, 1844;
Amblyomma venustum Guérin-Méneville, 1844;
Ixodes elegans Guérin-Méneville, 1844;
Hyalomma venustum Guérin-Méneville, 1844;
Hyalomma venustum Michael, 1893;
Amblyomma varigata Jarvis, 1904;
Hyalomma variegatum Weiss, 1911;
Amblyomma hebraeum Patton et Cragg, 1913;
Amblyomma pomposum Robinson, 1926;
Amblyomma elegans Schulze, 1941;
Amblyomma (Theileriana) variegatum Santos Dias, 1963;
Amblyomma varigatum Abou-Elela et al., 1981;
Amblyomma (Xiphiastor) variegatum Camicas et al., 1998;
Amblyomma variegaum De La Fuente et al., 2008;
Amblyomma varirgatum Kassa et Yalew, 2012.
Verbreitung & Bionomie: Amblyomma variegatum ist eine prächtige, große Zecke. Die Art ist drei-wirtig und stammt aus der Afrotropischen Faunenregion. Sie hat ihr Verbreitungsgebiet aber erheblich ausgedehnt und sich vor wenigen Jahren mit Hilfe von Viehtransporten als ⇒ Neozoon auf den Karibischen Inseln angesiedelt. Sie konnte sich jedoch nur auf Antigua, Saint Martin und Nevis halten. Das angestammte Verbreitungsgebiet reicht im tropischen Afrika südlich bis NO-Namibia, Sambia, N-Zimbabwe, NO-Botswana und Mozambik, die Inseln Cape Verde, Madagaskar, Komoren, Mauritius und Réunion, in Asien Jemen und Oman. A. variegatum besitzt lange und starke Mundwerkzeuge um sich mit dem langen Hypostom tief in der Dermis zu verankern. Dies wird als ursprüngliches Merkmal von wenig an ihre Wirte angepasste Zecken gesehen. Das zweite Segment der zur Orientierung dienenden Pedipalpen ist charakteristisch für die Gattung geformt, es ist doppelt so lang wie breit. Die Adulttiere, oben ein Bild eines Männchens, finden sich an zahlreichen domestizierten Großtieren wie Kamelen, Rindern, Ziegen, Schafen und Hunden, selten werden sie auch am Menschen gefunden cit. Estrada-Peña et Jongejan [1999]. Subadulte Tiere, die Abbildung rechts zeigt rechts eine Nymphe und links eine Larve (verändert cit. Uilenberg et al. [1979]), saugen auch an Vögeln Blut, besondere Bedeutung als Verschlepper kommt dabei dem Kuhreiher (Bubulcus ibis) zu. Durch dieses Verhalten ist es möglich, dass sie durch den Vogelzug oder durch andere Flugbewegungen der Vögel verschleppt werden. cit. Voltzit [2007].
Diese Art hat großen Einfluss auf die Produktion von Haus- und Nutztieren in den Tropen, vor allem wegen der Übertragung des Erregers der „heartwater disease”, Ehrlichia ruminantium Dumler, 2001 (früher Cowdria ruminantium). Ihre Assoziation mit der Dermatophilosis, einer Hautkrankheit, die vermutlich von Dermatophilus congolensis van Saceghem, 1915 erregt wird, ist unklar.
VIII.7.3 Erwägungen zur Einschleppung von Amblyomma-Arten
In Österreich gibt es zwar immer wieder Berichte, dass Arten aus dieser Gattung eingeschleppt worden seien. Dabei steht insbesondere die Spezies Amblyomma variegatum im Vordergrund, weil diese Zecke durch Importe von lebenden Rindern und anderen Großsäugern, die vom Grenztierarzt nicht kontrolliert wurden, verschleppt werden kann. Eine publizierte Fundmeldung liegt allerdings bis heute nicht vor. Bewiesene Tatsache ist hingegen die Einschleppung von folgenden Amblyomma-Arten nach Polen durch Reptilien-Importe aus Zentralafrika: cit. Nowak [2010]a und Nowak [2010]b.
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Amblyomma exornatum Koch, 1844;
Amblyomma flavomaculatum (Lucas, 1846);
Amblyomma latum Koch, 1844;
Amblyomma nuttalli Dönitz, 1909;
Amblyomma quadricavum (Schulze, 1941);
Amblyomma transversale (Lucas, 1844);
Amblyomma varanense (Supino, 1897).
Außerdem wird auch der Frühjahrs-Vogelzug verdächtigt, afrikanische, ⇒ ornithophile Zecken aus der Gattung Amblyomma nach Österreich zu bringen. Bestätigte Funde dieser Tiere liegen in Österreich aber nicht vor. Den hiesigen Sommer können tropische Arten sicherlich überleben, vermutlich jedoch nicht einen durchschnittlichen mitteleuropäischen Winter mit Frost.