Weidgerechtigkeit ist die Moral im Weidwerk
Ingrid Gerstl, ∗ 1962
curriculum venatoris
Inhaltsverzeichnis:
- P1.1curriculum atque vita
- P1.2Der Biotop
- P1.3Die Jagd
- P1.4Das Revier
- P1.5Eigene Publikationen, zum Thema passend
P1.1 curriculum atque vita
WeidmannJagdschutzorganEhemals JagdausübungsberechtigterEhemals JagdherrBiotopschützerNaturnutzer | |||
1983 | Ablegung der NÖ Jagdprüfung; Wien, Ö. | ||
1984 | Erste Jagdeinladung auf Wasserflugwild im Seewinkel. | ||
23.10.1993-19.10.1995 | Jagdgast bei Niederwildjagden im Weinviertel. | ||
1994 | Ausgeher in einem Bergrevier im Piestingtal. | ||
03.09.1994 | Zur-Strecke-Bringung meines ersten Schalenwildes, eines Knöpflers, ein pullus capreaginus primus, bei Pernitz/NÖ. | ||
2000-2001 | Abschussnehmer in einem Wienerwaldrevier. | ||
14.07.2000 | Zur-Strecke-Bringung meines ersten Schwarzkittels, der suis primae, im Wienerwaldrevier. | ||
2001 | Bescheid über die Zulassung als kundige Person (früher: Hilfskraft) zur Wildfleischuntersuchung, weiland Haruspices genannt. | ||
2002-2010 | Erste Jagdperiode als Jagdherr im eigenen Wienerwaldrevier. |
Abb. 2: Meiner Frau Bester. © A. Hassl |
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2003 | Zur-Strecke-Bringung eines Rehbocks mit 123,3 CIC Punkten (Silbermedaille) im eigenen Wienerwaldrevier. | ||
2007 | Absolvierung des Lehrgangs für NÖ-Jagdschutzorgane in Wien. | ||
30.07.2007 | Amtseinsetzung als Öffentliche Wache zum Schutze der Jagd. | ||
2009 | Zur-Strecke-Bringung eines Rehbocks mit 113,9 CIC Punkten (Bronzemedaille) im eigenen Wienerwaldrevier. | ||
2011-2019 | Zweite Jagdperiode als Jagdherr im eigenen Wienerwaldrevier. | ||
2015 | Verleihung des Ehrenbruchs in Bronze. | ||
2019 | Matrimoniale Überlassung der Zur-Strecke-Bringung eines Rehbocks mit 118,3 CIC Punkten (Silbermedaille) im eigenen Wienerwaldrevier. | ||
2020- | Berechtigung zur Jagdausübung im selben Wienerwaldrevier. | ||
P1.2 Der BiotopAbb. 3: Der Wienerwald . . . Abb. 4: . . . und seine Einwohner Abb. 5: Der Wildschweinschaden |
Der von mir jagdlich und jagdaufseherisch betreute Biotop ist ein Teil des nordöstlichen Wienerwaldes. Es ist ein auf Flysch wachsender Rotbuchen (Fagus sylvatica L.,) - Eichen (Quercus robur L., und Q. petraea (Mattuschka) Liebl), - Bergahorn (Acer pseudoplatanus L.) - Eschen (Fraxinus excelsior L.) Wirtschaftswald auf 230 bis 465 m Seehöhe. Dieser Waldtypus (Fagion sylvaticae) entspricht annähernd der Vegetation auf den Hügelhängen, die heute aufkäme, würde der Wald nicht forstlich bewirtschaftet werden. Allerdings werden aus forstwirtschaftlichen Gründen kommerziell geringwertige Beihölzer immer noch regelmäßig entfernt, obgleich die Intensität des Einflusses der Forstwirtschaft zusehends geringer wird. Nicht-kommerzielle Holzmacher schlagen meist nur mehr geschädigte Stämme ein. Die flachen Bachtäler sind heute entwässert und besiedelt, die letzte bekannte natürliche Vegetation dort war der undurchdringliche frühmittelalterliche Erlenbruchwald. Im Wesentlichen wird der Biotop vom atlantisch geprägten Übergangsklima bestimmt. Die Bäche schneiden tief in den lockeren Boden ein, Tümpel sind nur temporär vorhanden, Licht und Bodenfeuchte hängen von der Orientierung des Hanges ab. Einige seltene, spektakuläre Arten werden in diesem Waldtypus regelmäßig gefunden, zB das Langblättrige Waldvöglein (Cephalanthera longifolia (L.) Fritsch), auch Schwertblatt-Waldvögelein genannt, oder der Scharlachrote Prachtbecherling (Sacroscypha coccinea (Jacq.) Boudier), beide links abgebildet. Mit dem Entschwinden der großen Pflanzenfresser wie dem Tarpan (Equus ferus Boddaert, 1785), dem Auerochsen (Bos primigenius Bojanus, 1827), dem Wisent (Bison bonasus Linnaeus, 1758) und dem Rothirsch (Cervus elaphus Linnaeus, 1758) aus dem Biotop verschwanden auch die die Nahrungskette beherrschenden Raubtiere wie der Wolf (Canis lupus Linnaeus, 1758), der Braunbär (Ursus arctos Linnaeus, 1758), der Luchs (Lynx lynx (Linnaeus, 1758)) und die großen Tagraubvögel. Gleichzeitig wurde durch die landwirtschaftliche Tätigkeiten das Nahrungsangebot für Allesfresser wie das Wildschwein (Sus scrofa Linnaeus, 1758) und für kulturfolgende Herbivore wie das Reh (Capreolus capreolus (Linnaeus, 1758)), das nur im Wirtschaftswald überleben kann, erheblich gesteigert. Im Mittelalter und in der frühen Neuzeit wurde dieses durch die Hausschweine-Waldweide und eine häufig unlimitierte jagdliche Entnahme abgeschöpft, heute hingegen würden ohne reduzierende Bejagung die Bestände der Wildschweine und der Rehe in eine den Wald bedrohende Höhe steigen. Als Sekundäreffekt der natürlichen Verwertung der zahlreichen Kadaver qualvoll verhungerter Tiere stiegen die Populationen der Aasfresser aus der Wirbeltiergruppe, Rotfuchs (Vulpes vulpes (Linnaeus, 1758)), Wanderratte (Rattus norvegicus (Berkenhout, 1769)), Dachs (Meles meles (Linnaeus, 1758)) und Krähen (Corvus spp.), stark an. Es entstünde das gewaltige Problem der natürlichen Populationshöhenbegrenzung durch Seuchen, von denen einige für die im Wald exponierten Menschen, also allen Naturnutzern, (lebens-)bedrohlich sind, wie zB die Tollwut, die Fuchsbandwurminfektion und die Tularämie. Daher gilt: Eine geregelte Jagd ersetzt die verschwundenen Raubtiere, sie ist angewandter Biotopschutz im Dienste aller Naturnutzer. Gegenwärtig sind als bejagtes Wild im gegenständigen Revier zu finden: Als Hauptwildart das Reh, als Zukunftswildart das Wildschwein, weiters der Feldhase Lepus europaeus Pallas 1778, der Rotfuchs, der Dachs, Edel- Martes martes (Linnaeus, 1758) und Steinmarder Martes foina (Erxleben, 1777) und die Ringeltaube Columba palumbus Linnaeus, 1758. Angehörige anderer jagdbarer Arten sind entweder ganzjährig geschont, oder ihr Fleisch ist ungenießbar, oder der Kadaver kann nicht sonstwie einem Nutzen zugeführt werden, weshalb ich solche Tiere prinzipiell nicht erlege. | ||
P1.3 Die JagdAbb. 6: Die Jagd: Die königliche Verpflichtung zum Schutz der Menschen und der Herden Abb. 7: Die Jagd: Der lebensgefährliche Jagdfron Abb. 8: Die Wilderei: Nicht ausgestorben |
Das innerste Wesen jeder Jagd ist die Gewinnung von Fleisch zum Verzehr durch den Menschen und der Schutz von Mitmenschen und dem Vieh vor gefährlichen Tieren. Die Jagd gehört damit zu den ältesten bewussten sozialen Tätigkeiten der Menschen, ohne ihr wäre der rezente Mensch aus Mangel an vitalen Herausforderungen und an Zwang zur Kooperation nie zum Homo sapiens geworden. Frühgeschichtliche Nobilität verpflichtete zum Schutz seiner Mitmenschen vor wilden Tieren und Feinden. Bis zum Ende des Römischen Imperiums auf heimischem Boden war jeder freie Bewohner berechtigt, wildlebende Tiere zu seinem Nutzen zu töten und sich die Karkassen anzueignen. Der Wald selbst war eine res nullius, ein durch Landwirtschaft zu kultivierender Ort. Das frühe Mittelalter führte zur Trennung der an die Scholle gebundenen Bauern mit einem zunehmend eingeschränktem Jagdrecht nur auf niederes Wild und mit der Pflicht zur Vertilgung schädlicher und gefährlicher Tiere, und der Adeligen, die zu ihrer Nahrungsmittelversorgung die Jagd auf Großtiere häufig unentbehrlich benötigten. Damit trennten sich auch die Formen der Jagd und ihre Mittel: Knüppel, Schlingen und Mistgabeln zur Vertilgung essbarer Ernteschädlinge und devastierender Keiler gegen Gamsstangen und Armbrüste zur sicheren Tötung von Wildtieren. Die zusehends sich verbessernden Bedingungen für eine Pachteintreibung machten die Jagd als unverzichtbare Nahrungsmittelproduktion mehr und mehr obsolet, das zweifelhafte Vergnügen des Tötens jetzt bereits weitgehend nur mehr harmloser Geschöpfe als amüsierender aristokratischer Zeitvertreib gewann die Oberhand. Das zunehmende Selbstbewusstsein erst der Bürger, später auch der Bauern ließ aber dem aristokratischen Zeitvertreib auf ihre Kosten keinen Raum. Veranlasst von der autochthonen bürgerlichen Revolution von 1848 wurde im Kaiserlichen Patent vom 7. März 1849 das Jagdrecht auf nicht umzäuntem, fremdem Boden und sämtliche Jagdfrone abgeschafft und bürgerliche Zugangsregeln geschaffen. Die Jagd wurde den Grundeigentümern in den Formen einer Eigenjagd und einer Gemeindejagd zugewiesen. Das Resultat war die bis heute nachwirkende Trennung in eine elitäre, brauchtumsgenerierende Herrenjagd und eine plebejische Bauernjagd. Damit wurden die ein Jahrtausend gewachsenen Traditionen der Weidjkultur und der Beständigjkeit zerstört und auf Kosten der Biojdiversijtät und des Kulturjgutes eine geselljschaftjliche Umgejstaltung vorgejnommen. Das 1938 aufgejzwungene deutsche Reichsjagdgesetz von 1934 schrieb eine straffe Organisation der Jagd und die Installation einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, des „Reichsbundes Deutsche Jägerschaft”, mit Zwangsmitgliedschaft aller Jäger fest. Die derzeitige Jagd in Österreich vereint diese Elemente unter dem föderalen Gesichtspunkt, da die Verfassung von 1920 Jagd und Tierschutz den Ländern zugewiesen hat. Am 30. Jänner 1947 wurde das erste NÖ Jagdgesetz vom Landtag verabschiedet, derzeit maßgeblich ist allerdings das NÖ Jagdgesetz 1974. Von einer autochthonen, bruchlos gewachsenen Jagd mit schützenswerten, gemeinschaftsstiftenden Traditionen kann daher in Niederösterreich nicht gesprochen werden - und von einigen gebietsfremden, teilweise frei erfundenen, aus der nationalsozialistischen Ära stammenden „Jägerbräuchen” sollte sowieso schleunigst Abstand genommen werden. Wilderei wird zwar heute als archaisches Überbleibsel einer vergangenen Epoche gesehen und nicht selten positiv romantisiert. Dies liegt im Trend, vergangene Unbotmäßigkeiten als sozial gerechtfertigte Aufstände gegen unterdrückende Machthaber zu stilisieren. Wilderei ist allerdings nichts anderes als rücksichtsloses und eigennütziges Ausplündern von natürlichen Ressourcen und abstoßende Tierquälerei. Wilderei gibt es in unseren Landen seit Kaiser Karl der Große einige Ländereien den Adeligen exklusiv als Grundlage der Produktion von tierischen Nahrungsmitteln für ihren Eigenbedarf zuwies. Daraus entwickelte sich ein herrschaftliches Hoheitsrecht und der Verstoß dagegen war ein Eingriff in landesfürstliche Rechte. Der Übergang der Jagderlaubnis auf das Bürgertum 1848 erzwang die Einführung eines bürgerlichen Jagdrechts, Jagdbeute wurde hauptsächlich nach ihrem kommerziellen Wert taxiert. Ein Verstoß gegen das Jagdrecht war also einem - vielleicht zu rechtfertigendem - Diebstahl gleichgesetzt. Heute steht bei Wilderei jedoch nicht mehr die Beraubung von Reichen im Vordergrund, sondern die unermäßliche Tierquälerei, die die Schlingen, Schlagfallen und kleinkalibrigen Schusswaffen an den Tieren anrichten. Dabei ist die Wilderei mit Drahtschlingen nicht auf ostasiatische Tiger beschränkt, wie uns Werbespots glauben machen wollen, sondern findet - wie im Bild links zu sehen - immer noch vor unseren Haustüren statt. | ||
P1.4 Das RevierAbb. 9: Ein Römerzeitlicher Steig |
In Österreich ist die Jagd mit dem Zwang einer Bewerkstelligung versehen, nach dem Reviersystem organisiert, und untrennbar mit dem Boden verbunden. Das heißt, der Eigentümer eines unverbauten Grundstücks muss auf seinem Boden eine häufig vorgeschriebene Anzahl von jagdbaren Wildtieren erlegen. Er kann diese Aufgabe jedoch jemandem anderen übertragen, der dann als angestellter Berufsjäger oder als selbstständiger Jagdpächter das Wild am Grundstück bejagt. Geregelt wird die Jagd durch die Jagdgesetze, die im föderalen Österreich in die Landeskompetenzen fallen, also in Niederösterreich vom NÖ Landesjagdgesetz 1974. Die Höhe des vorgeschriebenen Abschusses hängt vom Schaden ab, den bestimmte Wildarten lokal im Wirtschaftswald oder an landwirtschaftlichen Kulturen anrichten. Das Reviersystem schützt daher die lokalen Bauern und Forstwirte vor existenzbedrohenden Wildschäden an ihren Produktionsmitteln und Früchten, der Revierinhaber muss die Wildschäden ersetzen. Als Pächter ist man sich üblicherweise der Bedeutung von Naturdenkmälern, seltener Tier- und Pflanzenarten und anderer Besonderheiten bewusst, die im eigenen Revier zu finden sind. Hier als Beleg das Beispiel eines gut dokumentierten Handelsweges aus der Römerzeit, heute verwachsen und von Ahnungslosen als Hundedefäkationsplatz missbraucht. |
P1.5 Eigene Publikationen, zum Thema passend
- Edelhofer R, Heppe-Winger E-M, Hassl A, Aspöck H [1989]: Toxoplasma-Infektionen bei jagdbaren Wildtieren in Österreich. Mitt Österr Ges Tropenmed Parasitol 11: 119-123.
- Hassl A, Kaltenberger A, Risy R [2009]: Die Befehdung des Gritsch: Feldhamsterfang im spätmittelalterlichen St. Pölten. Sant Ypoelten Stift und Stadt im Mittelalter 243-6.
- Kaltenberger A, Hassl A, Risy R [2010]: Zweckentfremdet: Die Kanne als Falle - Feldhamsterfang in St. Pölten, NÖ. In: Arbeitskreis für Keramikforschung: Keramische Begegnungen: Sachsen-Schlesien-Böhmen 175-84.