Wappen Andreas R. Hassl
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Titel
 
 
 

sic transibat laudem litterae

A. Hassl, 1957 - ...

Idole

Inhaltsverzeichnis:


Integrationsfiguren, die meines Lebens Verlangen, das auf zwei der vier unwandelbaren königlich-davidischen Tugenden, dem weisen Lehrer und dem gerechten Richter, ausgerichtet sind, am besten ent­sprechen: Nicht zufällig stammen alle meine Integrationsfiguren aus der Antike oder aus der antiken Mythologie; also aus einer Epoche, in der die oben genannten Wertmaßstäbe zwar auch nicht immer frei von Bösem gelebt wurden, aber zumindest das Bemühen um Redlichkeit den Wert einer menschlichen Existenz, derjenigen eines vir bonus, ausmachte. Und das Streben nach Glück im Leben einen transzendentalen, nicht pekuniären Wert darstellte.

Der immerwährende Lehrer: Aristoteles

AristotelesDie Bedeutung des antiken griechischen Universal­gelehrten und Wissenschaftssystematisierer Aris­to­teles (384 - 322 vChr) für das abendländische Geistes­leben kann man an seiner Charakterisierung als „der Große Pfaffe” durch Meister Eckhart (1260 -1328) erkennen. Er wird unter anderem auch als Vater der Para­sitologie betrachtet und kann daher als mein beruf­licher Stammvater angesehen werden. Aristoteles erwähnt in seiner Geschichte der Tiere nicht nur die menschlichen Parasiten, sondern auch jene von verschiedenen Haus- und Wildtieren. Was die Einge­weide­würmer betrifft, über­nimmt er die drei Kategorien des Hippo­krates, Platt­würmer, Rund­würmer und Askariden, und er vervollkommnet dessen Angaben durch eine ausführ­liche Beschrei­bung der Schweine-​assozi­ierten Finnen­krankheit (Befall durch Larven von Taenia solium). Er erwähnt dabei die Hagel­körner an Schenkeln, Hals, Schultern und besonders an der Zunge, doch er erkennt nicht die Gefahr, die dem Menschen durch das Essen von Fleisch infizierter Schweine droht. Obwohl Aristo­teles auch die Nissen, das sind die Eier der Läuse, und die Puppen der Flöhe beobachtet hatte, glaubte er, dass die Ekto­parasiten aus Schweiß und Schmutz entstehen.

 

Neben naturwissenschaftlichen Studien befasste sich Aristoteles auch mit Philosophie, Rechtskunde und Staatslehre. Im ersten Buch Politik charakterisierte er den Menschen als zoon politikon, also als ein nur in einer Gemeinschaft, in einer Kleingruppe, sich entfalten könnendes Wesen. Er erkannte damals bereits die Bedeutung der Sprache für das Menschsein (cit. in Teilen Societe d'editions professionnelles, medicales et scientifiques [1980]).


Der unsterblich gewordene Privatgelehrte: Sokrates

SokratesDer Philosoph Sokrates (469 - 399 vChr) bleibt, was er während seiner Lebenszeit war: Ein Rätsel, ein uner­gründ­liches Indivi­duum, eine abseits stehende Person. Obgleich er, wie Jesus Christus, nicht ein Wort für die Nachwelt nieder­geschrieben hat, gehört er zu der Handvoll von Philosophen, die für alle Zeiten änderten, wie die Philosophie sich selbst begreift. Alle unsere Infor­mationen über ihn sind aus zweiter Hand, und die meisten heftig umstritten. Aber sein Verfahren und sein Tod durch die Hände der Athener Demokratie ist dennoch der Gründungs­mythos der akademischen Disziplin der Philosophie (= Liebe zur Weisheit).

Für Sokrates waren die Natur­philosophie und die Tatsachen­wissenschaften bedeutungslos. Für ihn galt nur die ethische Erziehung seiner Mitbürger, die er durch seine besondere Technik der Frage­stellung durchzu­führen versuchte. Persönliche Tugend + VIRTUS + war allerdings für Sokrates nicht erlernbar, sondern ein Geschenk der Götter.

 

Die Sokratische Frage­methode bezeichnet man als Mäeutik, dh Hebammen­kunst. Sokrates stellte seinem Gesprächs­partner mit Vorliebe solche Fragen, deren einfache, nahe­liegende Beant­wortung sich im Nach­hinein immer als intellektuell unbefriedigend und meist als faktisch unzutreffend heraus­stellte. Dadurch ver­wickelte er den Anderen in Wider­sprüche und führte ihn so zwanglos zur Selbst­erkenntnis des Nicht-​Wissens. Die Sokratischen Dialoge führen zur Einsicht, die der griechische Philosoph Xenophanes sinngemäß so formulierte, dass ein Mensch niemals sicheres Wissen besaß, noch jemals besitzen wird. Im ständigen Bemühen vermögen wir allerdings Besseres zu finden. Wir können alte, unzulängliche Lösungen verwerfen und neue Erklärungen entwickeln, die zwar auch nicht perfekt sind, aber besser enträtseln als die ausge­musterten. Die fast zweieinhalb Jahrtausende später von Sir Karl Popper entwickelte Erkenntnis­theorie von Natur­wissen­schaften, die Falsifizier­barkeits-​Forderung, folgt demselben Grund­prinzip. Die sokratische Sichtweise auf die Lebenswirklichkeit ist demnach sehr zeit­gemäß. Sie ist auch wegen ihrer intellek­tuellen Bescheiden­heit ein beein­druckendes humanitäres Plädoyer gegen­über der eitlen Anmaßung von Fanatikern und Funda­mentalis­ten aller Zeiten.

Sokrates' Einfluss geht in jedem Zeitalter weit über die Philosophie selbst hinaus. Später wird er Vater des Abend­landes genannt werden. Er lebte bescheiden als akademischer Lehrer von den freiwilligen Spenden seiner Schüler. Weil sein Leben von vielen als para­digmatisch für ein weises Leben angesehen wird und, allgemeiner, als Vorbild gilt, wie jeder­mann leben soll, ist Sokrates mit der Bewunderung und der Nach­ahmung beschwert worden, die normaler­weise Religions­gründern vorbehalten ist. Dies ist umso bizarrer, als Sokrates so mühevoll versuchte, andere zum selbst­ständigen Denken anzuregen. Und besonders für jemanden, der angeklagt und letztlich exekutiert wurde wegen des Verbrechens der Respekt­losigkeit gegenüber den Göttern und der Polis-Divinität. (cit. in Teilen The Metaphysics Research Lab [2007]).


U8.3 Fremde Publikationen, zum Thema passend

  1. Societe d'editions professionnelles, medicales et scientifiques [1980]: Histoire de la Medicine, de la Pharmacia, de l'Art Dentaire et de l'Art Veterinaire. pp 2934.
  2. The Metaphysics Research Lab [2007]: The Stanford Encyclopaedia of Philosophy. https://plato.stanford.edu/entries/socrates